Pflanzliche Survival Nahrung: Die Wilde Möhre
- 27. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Mit diesem Beitrag starte ich eine neue Wissensreihe mit dem Titel „Pflanzliche Survival Nahrung“, die sich intensiv mit dem Thema Überleben beschäftigt und darauf abzielt, deine Fähigkeiten und dein Wissen spürbar zu erweitern.
Ich weiß – es gibt bereits unzählige Blogs und Videos über essbare Wildpflanzen. Und nun komme auch ich noch mit solchen Beiträgen. Doch wie ich schon in einem früheren Artikel betont habe, gibt es nur wenige Pflanzen, die in einer echten Notsituation – wenn es ums nackte Überleben geht – als pflanzliche Survival Nahrung wirklich von Bedeutung sind. Solche Pflanzen liefern nicht nur theoretisch, sondern praktisch verwertbare Nährstoffe, wenn es darum geht, dem Verhungern entgegenzuwirken.
In diesem mehrteiligen Kompendium möchte ich mit einem Klassiker beginnen: der wilden Möhre. Der Name dürfte vielen schon einmal begegnet sein – und wer sich mit Bushcraft oder Survival beschäftigt, kennt sie ohnehin. Für Überlebenssituationen ist diese Pflanze besonders spannend: Sie liefert wichtige Nährstoffe und kann zudem beim Feuermachen als Zündmaterial dienen. Werfen wir also einen genaueren Blick auf diese vielseitige Pflanze.

Wo findet man die Pflanze?
Ein wesentlicher Aspekt – und das gilt meiner Ansicht nach für alle überlebenswichtigen Pflanzen – ist die Kenntnis ihrer bevorzugten Standorte. Auch wenn man die Pflanze dort nicht garantiert antrifft, erhöht dieses Wissen die Wahrscheinlichkeit, sie zu finden und als Nahrungsquelle zu nutzen. Die Wilde Möhre wächst bevorzugt auf sonnigen Wiesen und offenen Flächen, die oft vom Menschen beeinflusst wurden, wie etwa Baugruben oder Schutthalden. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich über ganz Europa, Kaukasusraum sowie weite Teile West- und Zentralasiens.
Merkmale der Pflanze
Die Pflanze trägt weiße, tellerförmige Blütenstände und erreicht eine Höhe von etwa 130 Zentimetern. Sie gehört zu den Doldenblütlern, weshalb eine eindeutige Bestimmung unerlässlich ist – schließlich gibt es einige giftige Doppelgänger. Glücklicherweise besitzt sie jedoch einzigartige Erkennungsmerkmale, die das Risiko einer Verwechslung deutlich reduzieren.
Blüte
Die Blüten sieht man von Juni bis September. Die Blütenstände sind tellerförmig und cremeweiß, gelegentlich mit einer einzelnen, dunkel gefärbten Blüte in der Mitte – dem sogenannten „Scheininsekt“. Dieses Merkmal ist sehr charakteristisch, tritt jedoch nicht bei jeder Blüte auf.

Unterhalb des Blütenstandes sitzen ringförmig um den Stängel angeordnete Strahlen, ein weiteres eindeutiges Erkennungsmerkmal. Betrachtet man die Pflanze seitlich, fällt zudem auf, dass der Blütenstand größtenteils relativ flach ist. Es kommt aber auch vor, dass dieser deutlich gewölbt auswächst.
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Die Blüten besitzen die Eigenschaft, sich unter bestimmten Einflüssen nestförmig zusammenzuziehen – ein weiteres wichtiges Erkennungsmerkmal. Solche zusammengezogenen Blüten findet man oft direkt neben geöffneten Exemplaren, wie auf dem Bild unten zu sehen ist. Sind diese „Nester“ schließlich vertrocknet und abgestorben, lassen sie sich hervorragend als Anzündmaterial zum Entfachen eines Feuers verwenden.

Stängel
Der Stängel der wilden Möhre ist aufrecht und leicht behaart. Er hat deutlich erkennbare Rillen, die von oben nach unten verlaufen. In den meisten Fällen ist dieser grün, in einigen Ausnahmen kann er auch einen rötlich-violettfarbenen Stich aufweisen.

Wurzel
Die Wurzel verströmt einen unverkennbaren Karottenduft – ein zuverlässiges Erkennungsmerkmal. Sie reicht relativ tief in den Boden und lässt sich daher oft nur mühsam vollständig ausgraben. Besonders interessant ist sie, weil sie essbar und nährstoffreich ist. Sie besitzt einen herberen Geschmack und ist deutlich fester als die süße, zarte Gartenmöhre. Für den Verzehr ist entscheidend, dass sie entweder im Herbst des ersten Jahres oder im frühen Frühjahr des zweiten Jahres geerntet wird – nur in diesem Zeitraum ist sie genießbar. Sobald sich aus der Blattrosette der Blütenstängel entwickelt, verholzt die Wurzel und wird unbrauchbar. Die optimale Erntezeit liegt im frühen Frühjahr, etwa von März bis Anfang Mai.

Blätter
Die Blätter der wilden Möhre sind gefiedert. Zerreibt man die frischen Blätter zwischen den Fingern, verströmen sie einen charakteristischen, angenehm würzigen Möhrenduft. Sie sind auch essbar, liefern jedoch keine relevanten Nährwerte. Sie duften etwas nach Sellerie und Petersilie.

Samen
Die Samen der Pflanze kann man als länglich-oval bis eiförmig und etwa 2–3 mm lang beschreiben. Meist sind sie grau-bräunlich bis gelblich. An der Oberfläche sitzen feine Borsten und Häkchen. Im Herbst bilden die Dolden der Wilden Möhre eine nestförmig eingerollte Struktur („Vogelnest“), in der die Samen gesammelt sitzen.

Für das Überleben relevante Inhaltsstoffe:
In der Wurzel der Pflanze steckt Inulin. Das ist ein löslicher Ballaststoff, der im Dünndarm nicht verdaut wird. Im Dickdarm wird es durch Fermentation durch Bakterien abgebaut.
Dabei entstehen Fettsäuren, die dem Körper etwas Energie liefern (ca. 1–2 kcal/g). Sie werden von den Dickdarmzellen aufgenommen und in den Energiestoffwechsel eingeschleust.
Die Samen der wilden Möhre enthalten zudem fette Öle, die sich in der positiven Kalorienbilanz beim Verzehr für den Überlebenden deutlich bemerkbar machen. Außerdem auch ätherische Öle, die bei übermäßigem Verzehr Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen können. Eine genaue Mengenangabe, ab wann sich diese Effekte bemerkbar machen, würde ich zwar gerne nennen – bisher bin ich jedoch glücklicherweise selbst nach mehrerer Handvoll verschont geblieben.
Zubereitung
Glücklicherweise können die Teile der Wilden Möhre auch roh genutzt werden, da sie keine problematischen Inhaltsstoffe enthalten, die erst durch Erhitzen unschädlich oder genießbar würden. Damit lässt sich die Pflanze direkt pflücken und ihre für das Überleben wichtigen Teile sofort verzehren.
Literatur zum Thema pflanzliche Survival Nahrung:
Das Thema Survival Nahrung ist in der Literatur nur mit Vorsicht zu genießen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen gibt es kaum Bücher, die im echten Survival Kontext wirklich aufklären. Zwar findet man unzählige Werke über Kräuter und essbare Wildpflanzen, doch wie ich bereits im vorherigen Blogbeitrag erklärt habe, liefern die meisten davon im Ernstfall keinen Überlebensmehrwert – schlicht weil die nötigen Nährstoffe fehlen. In den meisten Fällen kann man sich solche Bücher daher sparen. Trotzdem möchte ich hier zwei Titel vorstellen, von denen einer allerdings bereits vergriffen ist.
Essbare Wildpflanzen * von Steffen Guido Fleischhauer & Co. Pflanzliche Notnahrung * von Joe Vogel (teilweise nicht mehr verfügbar)
Bushcraft - Wildpflanzen Europas * von mir
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Sehr fundierter Beitrag!!! War 15 Jahre als staatlicher Biologe aktiv in der Flora unterwegs und kann dem nichts entgegensetzen. Lars, ich wünsche mir mehr davon. Mfg Klaus