Gibt es essbare Farne oder ist das ein Survival Mythos?
- vor 5 Tagen
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Farne zählen zu den ältesten Pflanzen der Erde und existieren bereits seit über 400 Millionen Jahren. Ihre charakteristischen Wedel sind in fast jedem Wald zu finden und können in einer Notsituation sehr hilfreich sein. So dienen sie beispielsweise als isolierende Unterlage im Shelter, um sich vor der Bodenkälte zu schützen. Werden sie dick geschichtet, entsteht sogar eine Art natürliche Matratze. Große Farnwedel lassen sich außerdem als Abdeckung für ein provisorisches Dach nutzen – übereinandergelegt bilden sie eine Schicht, die Regen bis zu einem gewissen Grad zuverlässig abhält.

Auch beim Feuer machen ohne Feuerzeug sind Farne nützlich: Die braunen, abgestorbenen Wedel des Adlerfarns entzünden sich besonders leicht und eignen sich daher gut als Anzündmaterial.
In vielen Survival Büchern wird Farn zudem als essbar beschrieben. Doch stimmt das wirklich – und wenn ja, welche Arten kommen überhaupt infrage? Genau das schauen wir uns im weiteren Verlauf dieses Beitrags genauer an.
Nährwerte Farne
Farne weisen im Wesentlichen ähnliche Nährwerte auf – und diese können sich durchaus sehen lassen. Aus dieser Perspektive könnte man meinen, dass sie in einer Notsituation eine lohnenswerte Nahrungsquelle darstellen. Für die Angaben habe ich sowohl Daten des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) als auch Informationen aus wissenschaftlichen Fachpublikationen* herangezogen. Sie beziehen sich auf 100 g Farn, gekocht.

Im Farn sind enthalten:
Kalorien: ca. 35 kcal
Kohlenhydrate: ~5–6 g
Eiweiß: ~4 g
Fett: ~0,4 g
Ballaststoffe: ~4 g
Zusätzlich enthalten Farntriebe Vitamine wie A, C und K sowie Mineralstoffe wie Eisen, Kalium und Mangan. Doch trotz dieser Werte bleibt die entscheidende Frage: Ist Farn essbar im Sinne von „gesund und sicher“?
Bekannte vermeintlich essbare Farne
In der folgenden Übersicht ist aufgelistet, welche Arten von Farn essbar sind und traditionell als Nahrungsmittel genutzt werden – allerdings bedeutet „essbar“ nicht automatisch, dass sie auch gesund oder unbedenklich sind.
Straußenfarn (Matteuccia struthiopteris) Die jungen, eingerollten Triebe („Fiddleheads“) werden in Nordamerika, Kanada und Skandinavien gesammelt und werden dort mancherorts als Delikatesse gesehen. Sie sollten nur in sehr jungem Stadium (wenn sie noch fest eingerollt sind) geerntet und gründlich gekocht werden.
Adlerfarn (Pteridium aquilinum) In Teilen Asiens werden die jungen Triebe nach spezieller Aufbereitung gegessen. Die Zubereitung umfasst mehrmaliges Kochen mit Wasserwechsel und teilweise mehrtägiges Einweichen.
Königsfarn (Osmunda japonica) In Ostasien verbreitet. Junge Sprosse („warabi“) werden gekocht und als Gemüse verzehrt. Auch hier ist eine sorgfältige Aufbereitung erforderlich.
Zimtfarn (Osmundastrum cinnamomeum) Dieser Farn wird ebenfalls in Nordamerika traditionell genutzt, ähnlich wie Straußenfarn.
Giftstoffe im Farn
Farne enthalten verschiedene Substanzen, die für den menschlichen Organismus schädlich oder sogar lebensgefährlich sein können. So weist der Adlerfarn beispielsweise Ptaquilosid auf – ein krebserregendes Gift**, das durch Einweichen, Abkochen oder Fermentieren zwar teilweise reduziert, jedoch nie vollständig entfernt werden kann. Dieser Stoff gilt als Auslöser für DNA-Schäden und wird mit Krebsarten von Magen, Speiseröhre und Blase in Verbindung gebracht. Studien zeigen, dass in Regionen mit hohem Adlerfarn-Konsum die Krebsraten signifikant erhöht sind. Zudem kommen Thiaminasen vor, Enzyme, die in Tierversuchen den Abbau von Vitamin B1 verursachten und bei längerfristigem Konsum zu schweren Mangelerscheinungen führen können.
Der Wurmfarn wiederum enthält unter anderem Filicin und Filixsäure, die stark toxisch auf Nervensystem und Verdauungstrakt wirken. Hinzu kommen Flavaspidinsäuren und Aspidinol, die insbesondere Leber und Nieren schädigen können. Historisch wurde Wurmfarn als Wurmmittel eingesetzt, doch aufgrund der hohen Toxizität kam es dabei immer wieder zu Todesfällen.
Auch andere Farnarten bilden Inhaltsstoffe, die potenziell gesundheitsschädlich sind – ein weiterer Grund, beim Thema „Farn essbar“ äußerst vorsichtig zu sein. Selbst der als "sicherer" geltende Straußenfarn kann bei unsachgemäßer Zubereitung zu Lebensmittelvergiftungen mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen.

Fazit:
In einer länger andauernden Überlebenssituation in der Wildnis könnte man den Verzehr von Farnen zunächst mit ihrem Nährstoffgehalt rechtfertigen. Hinzu kommt, dass sie relativ leicht zu erkennen sind und in vielen feuchteren Klimazonen der Erde weit verbreitet vorkommen – also scheinbar eine naheliegende Nahrungsquelle.
Meiner Ansicht nach bieten Farne jedoch keinen echten Nutzen als Survival Nahrung, und das liegt an ihren giftigen Inhaltsstoffen. Natürlich gilt das alte Prinzip: Die Dosis macht das Gift. Ein kleiner Bissen mag nicht gleich tödlich sein, doch der Gesundheit tut man damit definitiv nichts Gutes. Selbst durch Zubereitung lassen sich die schädlichen Substanzen nicht zuverlässig entfernen. Und bei den Farnarten, die tatsächlich als essbar gelten, ist die Aufbereitung so aufwendig, dass sie in einer realen Notsituation schlicht unrealistisch erscheint. Man benötigt mehrere Kochvorgänge, ausreichend Wasser und Zeit – Ressourcen, die in einer Notlage oft knapp sind. Wenn man mich fragen würde, ob es essbare Farne gibt, würde ich eindeutig mit Nein antworten!
Es gibt weitaus bessere Alternativen: leicht zu identifizierende Pflanzen, die weltweit häufig vorkommen und zugleich einen deutlich höheren Nährwert bieten. Welche das sind, zeige ich in meinem Kurs über pflanzliche Survival-Nahrung „PLANT Master“. Mein Rat: Verlasse dich nicht auf Farne als Nahrungsquelle, sondern investiere deine Energie in sichere, nährstoffreiche Wildpflanzen, die tatsächlich zum Überleben beitragen können.
Quellen: 1* https://www.researchgate.net/publication/230163214_The_Nutrient_Composition_of_Fresh_Fiddlehead_Greens 2* https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10970694/



Wie immer ein sehr überraschendes Thema, das ich bisher nicht auf dem Schirm hatte, 🙏